Eigentlich ist der Name Schwimm-Marathon ja eine
gnadenlose Untertreibung, denn rechtverstanden umfasst die traditionelle
Marathonstrecke 42,195 Kilometer und diese wurden bei Ostbelgiens größter
Breitensportveranstaltung gestern erneut gleich dutzendfach zurückgelegt. Dennoch konnte ein neuer Rekord vermeldet werden: Die über das
Spendentelefon erzielten Einnahmen konnten im Vergleich zum Vorjahr gesteigert
werden und erreichten eine neue Höchstmarke: »Es sind bislang 8375 Euro an
Spendenversprechen eingegangen«, erklärte Karl-Heinz Hergenhahn, der »Mann am
Hörer«, gestern um 20 Uhr. Wer an weiteren Spenden interessiert ist, kann
diese auf das Konto des Eupener Lions Club, Nummer 248-0063983-90, versehen mit
dem Stichwort Schwimm-Marathon, überweisen. Auf der anderen Seite ging die
Schwimmleistung leicht zurück und wurden 78 In neun Jahren Schwimm-Marathon (gestern fand die Veranstaltung zum zehnten
Mal statt) haben sich feste Rituale entwickelt und so springen am letzten
Mittwoch im Januar vormittags traditionell die Primarschüler ins Wasser, während
nachmittags ihre Kollegen von den Sekundarschulen ihre Bahnen ziehen. Davor und
danach sinkt der Lärmpegel in den Schwimmhallen von Eupen, Kelmis, St.Vith und
Bütgenbach deutlich ab, da sich die Erwachsenen doch etwas gesitteter
verhalten, wenngleich dies keinesfalls als Kritik am fröhlichen Gelächter und
den Anfeuerungsrufen der Kinder und Jugendlichen verstanden werden soll.
Die Aussage des elfjährigen Thibaut von der Französischen Schule in Eupen dürfte
wohl Allgemeingültigkeit besitzen, konnte er zwar keine genaueren Angaben
machen, wozu das von ihm erschwommene Geld denn später verwendet werde, aber
eins wusste er genau: »On s' amuse bien!«. Ob Karl-Heinz Lambertz auf der
Suche nach Vergnügen war, entzieht sich unserer Kenntnis, Fakt ist jedoch, dass
der Ministerpräsident im Eupener Schwimmbad keine abgesperrte Bahn für sich in
Anspruch nahm, sondern sich mitten ins Getümmel stürzte. Das Risiko, bei
diesem Unterfangen kleinere Nackenschläge zu kassieren, dürfte ihm als
Politiker vielleicht irgendwie bekannt vorgekommen sein...
Die Ruhe hatten hingegen seine liberalen Ministerkollegen Bernd Gentges und
Isabelle Weykmans am Vorabend bzw. frühen Morgen vorgezogen. Weykmans wurde von
ihrem Kabinett unterstützt (auch Oliver Paasch, der mit 48 Bahnen Sieger des »Ministerduells«
wurde, und sein Kabinett nahmen am Schwimm-Marathon teil) und legte selber
beachtliche 35 Bahnen zurück. Dies war aber gerade einmal ein Drittel der
Leistung des knapp zwölfjährigen Sebastien, der schon im Vorjahr 100 Bahnen
schwamm und gestern nochmal fünf Längen draufpackte: »Müde bin ich kaum. Ich
komme regelmäßig mit meiner Oma schwimmen, aber ich gehöre keinem Verein an«,
kommentierte er lapidar, ehe er mit seinen Klassenkameraden erneut ins Wasser
sprang und dies am Nachmittag ein drittes Mal wiederholte.
Erwähnenswert auch die Beteiligung von Personen, die auf Grund einer
Behinderung in der Hergenrather Tagesstätte selber auf Hilfe angewiesen sind,
aber sich dennoch für den »Kampf gegen die neue Armut« in der
Deutschsprachigen Gemeinschaft engagierten. Dabei wollten sie sich auch nicht stören
lassen, denn kaum hatte einer der Schwimmer in der Kelmiser Schwimmhalle dem
Berichterstatter zur Begrüßung die Hand gereicht, verabschiedete er sich auch
schon wieder: »Tschüss, ich muss schwimmen!«
Zwar fielen bei der zehnten Auflage die Wachstumsraten
nicht mehr so groß aus, dies hat aber weniger mit einer abklingenden
Begeisterung der Teilnehmer zu tun, sondern vielmehr mit natürlichen Grenzen,
an die die Organisatoren bereits im letzten Jahr gestoßen waren. Diesmal musste
zum Beispiel ein Anmeldestopp bei Schülern vorgenommen werden, obwohl in schöner
Regelmäßigkeit Busse vorfuhren und Schüler in Scharen herankarrten.