26 Professoren und
Dozenten, die allesamt aus der Deutschsprachigen
Gemeinschaft stammen,
aber in aller Welt lehren, waren
kürzlich zu Gast bei den Lions Clubs aus Eupen und
St. Vith
Im Rahmen dieses Aufenthaltes
nahmen sie an einer Podiumsdiskussion zum Thema
Ostbelgien und der Schritt ins 3. Jahrtausend teil.
Dabei konnten sie den hiesigen Verantwortlichen
wichtige Anregungen mit auf den Weg geben. In der
ersten Runde der Diskussion im Ambassador Hotel Bosten
diskutierten unter der Moderation von Lions-Mitglied
Paul Maraite die Professoren Schröder (Medizin) und
Janssen (Wirtschaftswissenschaften), beide UCL Neu-Löwen,
Prof. J. Lengeler (Genetik), Universität Osnabrück,
Prof. B. Lengeler (Physik), RWTH Aachen und Prof.
Peters (Germanistik), FUNDP Namur.
Verbesserung nötig
Zum Thema der Zweisprachigkeit wurde in dieser
Runde festgestellt, dass die Französischkenntnisse
der Jugend zurückgingen und daher der Verbesserung
bedürften. Darüber hinaus seien Englischkenntnisse
ein Muss, denn Englisch sei die Lingua franca unserer
Zeit. Zur Genetik wurde festgestellt, dass sie die
Zukunft sei, denn das 20. Jahrhundert sei das
Jahrhundert der Physik gewesen, und das 21.
Jahrhundert würde das der Biologie. Der Ärzteschwemme
stellten die Professoren die wachsenden Therapieansprüche
der Bevölkerung gegenüber. Dabei werde die Zahl der
Ärzte politisch gewollt weiter fallen: 1980 seien
noch 1000 Mediziner pro Jahr ausgebildet worden, 1990
nur noch 500 und im Jahr 2000 nur noch 250. Auch dem
Wissenschaftszweig der Philologie maßen die
Hochschullehrer eine wachsende Bedeutung bei:
Philologie sei heute nicht nur Sprachlehre, sondern
Fachkenntnis der Kommunikation. So würden heute
Philologen in vielen Bereichen zum
Kommunikationsaufbau eingesetzt.
Euregio
Im Blick auf die Euregio forderten die
Diskussionsteilnehmer, die heutige lose Kooperation
zwischen Hasselt, Maastricht, Aachen und Lüttich zu
verbessern. Die Ostbelgier könnten hierzu einen
wichtigen Beitrag leisten, denn sie könnten aufgrund
ihrer interkulturellen Kenntnisse die Flamen, Wallonen
und Deutschen besser einschätzen. Dies sei der Bonus
der Grenzregion. Auf die Ostkantone bezogen müsse außerdem
die Selbsterwerbsquote verbessert werden, d.h. der
Drang und die Dynamik, sich zu verselbstständigen müssten
gesteigert werden.
Offenheit
Der Jugend unserer Region gaben die Professoren den
Rat zu Flexibilität, Mobilität, Offenheit für
Sprache und Kultur, Motivation, Fleiß, Ausdauer und
zielbewusstes Arbeiten. In einer zweiten
Diskussionsrunde kamen dann Minister-Präsident
Karl-Heinz Lambertz in seiner Funktion als Dozent für
deutsche Rechtsterminologie an der UCL, Prof. Schröder
(Medizin), Klinikum Chemnitz, Dr. Schmeits (Physik),
Ulg, Prof. Stadtmüller (Wirtschaftswissenschaften),
RWTH Aachen und Prof. Palm
(Wirtschaftswissenschaften), Universität Maastricht,
zu Wort.
Lernen
In dieser Runde wurde zum Thema Ausbildung
festgestellt, dass die Universität Maastricht ein
besonderes Lernsystem in kleinen Gruppen zu bieten
habe und daher einen beachtlichen Ausländeranteil von
25% aufweise. In Ostbelgien sei sie allerdings quasi
unbekannt. Was das Schulsystem in der DG betrifft,
stellten die Professoren fest, dass 2000 Lehrer in der
DG nur ihr Klassenzimmer gesehen hätten und daher
nicht wirklichkeitsnah unterrichteten. Sie seien
Lehrer, die nicht mehr Erzieher seien, sondern nur
ihren Job ausübten. Die praxisbezogene
Lehrerausbildung müsse daher unterstützt werden. Man
müsse auch wieder lernen zu lernen, um im Beruf fähig
zu sein, immer neues Wissen zu erwerben und
anzuwenden.
Virtuelle Universität
Professor Schröder stellte dabei auch die Frage,
ob in Ostbelgien überhaupt genügend Arbeit vorhanden
sei. Es existierten viele Pendler, womit die geringe
Arbeitslosigkeit zu erklären sei. In zwei Anregungen
forderten die Professoren zum einen, eine virtuelle
Universität mit den Professoren der DG im Internet zu
gründen, verbunden mit dem Aufbau eines Netzwerkes
zur Fortbildung. Zum anderen heiße Ausbildung aber
auch nicht nur studieren an einer Universität.
Facharbeiter und Handwerker seien ebenso Berufe, die
einen Menschen ausfüllen könnten.
Kolloquium
Beschlossen wurde der Diskussionsabend vor 270 Zuhörern
vom Präsidenten des Eupener Lions Clubs Bernd Gentges
mit der Aussicht, ein Kolloquium ins Leben zu rufen,
in dem die aufgeworfenen Gedanken und Anregungen
vertieft werden sollten. Beim anschließenden Empfang
wurde noch fleißig weiter diskutiert und die
Ergebnisse bewertet, und für einige endete so der
Gedankenaustausch erst am frühen Morgen. N.T.